Hab mich auch testen lassen

Chorea Huntington, eine Nervenkrankheit (auch schon mal Corea Huntington). Für Betroffene und Angehörige

Moderator: Moderatoren

*die*elfe*
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Hab mich auch testen lassen

Beitrag: # 16528Beitrag *die*elfe* »

Hallo,

ich habe mich auch testen lassen. 40 CAG. War ein langer Weg bis ich mich dazu entschieden habe, weil ich große Angst davor hatte. Mein Vater hat auch Chorea Huntington. Seit vier Jahren liegt er im Pflegeheim. Vor ca. 10 Jahren hat man die ersten Anzeichen bei ihm gesehen. Er hat komische Gesichtszüge und mit seinen Händen merkwürdige Bewegungen gemacht. Wir wussten aber nie was es war. Die Krankheit war uns unbekannt. Bei einem Leistenbruch musste er operiert werden und da haben uns die Ärzte geraten mit ihm in ein anderes Krankenhaus zu gehen, weil mit seinen Gehirnströmen was nicht in Ordnung wäre. Dort wurde dann Chorea Huntington festgestellt, 44 CAG. Er war zu dem Zeitpunkt 46. Zu Hause war es die Hölle, Mama und ich konnten nachts nicht mehr schlafen, immer war irgendwas. Wenn er seine Anfälle bekommen hat, hatte ich sogar richtigte Angst vor ihm. Der Verlauf der Krankheit war grausam für mich. Damals wusste ich noch nicht, dass die Krankheit 50 % vererbbar ist. Meine Mutter wusste nicht wie sie es mir sagen sollte. Erst als Papa nachts einen Anfall zu Hause bekommen hatte und Mama durch die Wohnung geschleudert hat und irrsinniges Zeug erzählt hat, habe ich den Arzt angerufen, der kam dann und hat ihn abholen lassen. Meine Mama ist mitgefahren und der Arzt ist noch bisschen bei mir geblieben, weil ich glaub ich unter Schock stand. In dieser Nacht habe ich von ihm erfahren, was es eigentlich für eine Krankheit ist und dass sie vererbbar ist. Ich wollte mich damals nicht mit der Krankheit auseinandersetzen, denn ich wollte das alles nicht wahrhaben. Ich wollte nicht dazu gehören. Ich habe mich auch nicht schlau machen wollen. Ich war stur und wollte davon nichts wissen. Klar habe ich Mama wo ich konnte geholfen. Nun bin ich 25 Jahre alt und mein Kinderwunsch ist sehr groß. Da ich einen tollen Freund habe und wunderbare Menschen um mich rum habe, habe ich mich entschieden, den Test zu machen. Als der Humangenetiker mir erzählte, dass ich die Krankheit in mir habe, ist im ersten Moment eine Welt für mich zusammengebrochen. Er meinte aber zu mir, dass ich in einer Grauzone wäre und dass zu 50 % die Krankheit gar nicht ausbrechen müsste und wenn dann erst im hohen Alter. Als ich ihm erzählte, dass der Wert von Papa 44 gewesen wäre, meinte er, es wäre gut wenn ich mich nochmal testen lasse. Keine Ahnung warum, am Telefon redet er nicht mit mir. Ich habe mich ehrlich gesagt dort gar nicht wohl gefühlt. Wie die mir dort Blut abgenommen haben, die Proben die dort lagen sind teilweise auf den Boden gefallen... etc. Wenn ich mich nochmal testen lassen sollte, dann nicht da :!: Stimmt das mit den CAG wenn ich 40 (+-1) habe, dass es erst im hohen Alter ausbricht?? Kennt sich einer mit Fruchtwasseruntersuchung aus? Wäre schön wenn mir jemand antwortet.

Oh, hoffe ich habe nicht zu viel durcheinander geschrieben.
Liebe Grüße an alle


Udo
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Beitrag: # 16532Beitrag Udo »

Hallo elfe, Du beweisst sehr viel Mut und hast schlimme Dinge erlebt mit Deinem Vater.
Ich kann deinen Wunsch nach einer Guten Beziehung und Deinem Kinderwunsch verstehen. Wenn Du das Gen in Dir hast, kann die Krankheit ausbrechen oder nicht. Die Triplezahl CAG sagt aus, das bei erhöhten Werten über 60 ein sehr früher Ausbruch wahrscheinlich ist. Je niedriger der Wert, desto später oder milder der Verlauf, aber auch das schwankt oft, so das man da keine feste Aussagen machen kann. Der Arzt darf Dir glaube ich gar nichts am Telefon sagen. Was ich aber immer für sinnvoll halte, mir erst mal nicht so den Kopf zu zerbrechen über die CAG Werte, sondern eine erfahrene therapeutische oder Psychologische Hilfe bzw. Beratung in Anspruch zu nehmen und ich kann Dir und jedem immer wieder raten, einen Weg zu suchen, wie ich unter Umständen mit der Krankheit umgehe, falls ich Sie bekommen sollte. Verstecke ich mich und gebe ich mich auf oder sage ich mir, ok, ich habe die Krankheit und werde damit umgehen müssen und wollen, was übrigens eine verdammt große Leistung ist. Aber es geht, wie ich von Betroffenen weiss.

Ich sage wirklich aus erfahrung, das man sich darüber im klaren sein sollte, das eine Menge mit einem passieren kann, was man gar nicht will, wenn man nicht frühzeitig vorsorgt. Wer kann mich Betreuen, wem vertraue ich, möchte ich in eine Klinik gehen oder unter Umständen zu Hause bleiben, falls es mich betreffen sollte? Es gibt ja auch diese Patientenverfügungen, worüber man sich tunlichst informieren sollte und vorsorgen kann. Damit kann man sich eine Große Last und Zukunftsangst nehmen und sich auch ein Umfeld der eigenen Sicherheit aufbauen.

In diesem Sinne wünsche ich Dir erst mal etwas weniger Zukunftsangst,

Gruß Udo
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danakatze
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Re: Hab mich auch testen lassen

Beitrag: # 16560Beitrag danakatze »

Hallo Elfe!

Herzlich Willkommen!

Viele liebe Grüße danakatze :wink:
mio1
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Beitrag: # 16608Beitrag mio1 »

Hallo elfe,

es tut mir sehr leid das du betroffen.
Mein Arzt damals hat gesagt das die Erfahrung zeigt das man bei einem so niedrigen Wert ziemlich lange ohne beinträchtigungen Leben kann und die Krankheit erst sehr spät ausbrechen wird.

Das sind natürlich alles nur Statistiken die den einzelnen nicht betreffen. Ich denke das man mit einer positiven Einstellung auch einiges selbst beeinflussen kann. Und du hast auch noch Zeit wer weis was die Medizin für fortschritte macht.

Was ich persönlich sehr wichtig finde ist das du vorkehrungen triffst was sein soll wenn die CH ausbricht, das war auch der Grund warum ich es wissen wollte. Weil ich meine Entscheidungen selber treffen wollte.

Wenn du schwanger werden solltest kannst du eine Fruchtwasseruntersuchung machen wo man feststellen kann ob dein Kind auch betroffen sein wird wobei du natürlich auch überlegen mußt wie es dir gehen würde wenn du die Schwangerschaft abrechen lässt. Die Medizin ist so weit lass dich von einem Arzt beraten welche Möglichkeiten es gibt ein gesundes Kind zu bekommen.

Ich denke das der Arzt dir zu einem 2 Test geraten hat weil oft das Gen vom Vater schwerer vererbt wird als von der Mutter. Wenn du dich wohler fühlst mach einen zweiten Test in einem anderen Labor aber die Ärzte müssen dein Ergebniss genau prüfen bevor sie es dir geben.

Liebe Grüße Mio
*die*elfe*
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Beitrag: # 16671Beitrag *die*elfe* »

Hallo,
schön, dass jemand geantwortet hat.

@udo: Ich finde es wunderbar, wie Du mit Deiner Frau lebst. Ich habe mir Eure Seite angeschaut. Einfach toll.
LG Grüße

@mio: Danke auch für Deine Antwort. Welchen Wert hat Deine Mutter und wie geht es ihr jetzt? Von welchem Wert hat Dein Arzt damals gesprochen? Wo ist denn genau die Grauzone, im Intrnet steht es mal so, mal so.
Ich kann nur hoffen, dass ich lange gesund bleibe, es würde mir nichts bringen, wenn ich nur Trübsal blase. Ich bin trotz dem Ergebnis ein glücklicher Mensch. Außer das Thema Kinder macht mir halt zu schaffen.
LG Grüße
rio
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Beitrag: # 16675Beitrag rio »

*die*elfe*
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Beitrag: # 16678Beitrag *die*elfe* »

Danke Rio
rio
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Beitrag: # 16683Beitrag rio »

Keine Ursache.
mio1
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Beitrag: # 16691Beitrag mio1 »

Hallo elfe,

Meine Mum hat den Wert 43. Ihr geht es körperlich soweit gut sie kann selber laufen und auch essen. Was bei ihr im Moment etwas schwer ist ist das sie unglaublich stur ist wohl auch aus Angst was mit ihr paßiert. Bei meiner Mum wurde die Krankheit vor 10 Jahren diagnostiziert als man erste motorische Störungen bemerkt hat die aber unwesentlich waren. Bis vor einem Jahr hat sie noch alleine zu Hause gewohnt mit etwas Unterstützung bei der Haushaltsführung.

Meine Mum ist übrigens 50. Ich muß allerdings dazu sagen das ich denke meine Mum hat seit mein Vater sie verlassen hat sehr viel von ihrem Lebenswillen verlohren. Damals kam die Diagnose und die Trennung ziemlich zeitgleich. Am Anfang mußte sie stark sein für uns Kinder und als wir alle draußen waren hat sie irgendwie aufgegeben.

Gerade deshalb glaube ich das die Lebenseinstellung schon einiges bewirken kann.Mein Arzt hat damals gesagt der Grenzwert liegt bei 39-41 aber wie du selber sagst steht überall etwas anderes.

Wegen dem Kinderwunsch möchte ich dir kurz von mir erzählen. Ich wurde ungewollt schwanger(als Risikoperson) und meine Schwangerschaft war gefühlsmäßig für mich der totale Horror. Ich habe mich allerding gegen eine Fruchtwasseruntersuchung entschieden da ich keine Abtreibung gemacht hätte.Ich weis nicht vieleicht käme für euch auch eine Eizellenspende in Frage wobei ich nicht weis ob das bei uns überhaupt erlaubt ist.

Liebe Grüße Mio
*die*elfe*
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Beitrag: # 16710Beitrag *die*elfe* »

Ich habe meinen Vater (als er noch zu Hause war) gepflegt, während meine Mutter arbeiten war (wollte Fach-Abi machen aber habe ich abgebrochen, weil ich meine Mutter unterstützen wollte) und hatte keine richtigte Freizeit, weil ich zu Hause bei ihm geblieben bin. Auch wenn es manchmal richtig harte Tage für mich waren, musste ich meiner Mutter unter die Arme greifen. Wenn ich über diese Vergangenheit nachdenke frage ich mich: Wie werden meine Kinder damit klarkommen falls bei mir CH ausbricht? Mein Vater war ja trotzdem für mich da und ich liebe ihn trotz der Krankheit über alles. Ich sage mir immer, dass ich nicht der Mensch wäre der ich jetzt bin wenn ich nicht so eine Vergangenheit gehabt hätte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Kinder gibt die dann nicht zu ihrem Elternteil stehen.

Wenn ich dann drüber nachdenke, dass der Arzt gesagt hat, dass CH bei mir erst im hohen Alter ausbricht oder sogar gar nicht dann frag ich mich warum sollte ich nicht einem Kind ein Leben schenken (wenn festgestellt wird, dass es gesund ist)? Wer weis ob es nicht in ein paar Jahren etwas egen CH gibt und ich doch komplett verschont bleibe oder auch ein Kind was im Mutterleib mit CH diagnostiziert wird. Ich weis mir kann keiner die Entscheidung abnehmen aber ich komme irgendwie auf keinen Punkt. Ich weis auch, dass ich noch bissel Zeit brauche aber dieser Gedanke KINDER JA NEIN ist jeden Tag im Kopf.
Udo
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Beitrag: # 16712Beitrag Udo »

Hallo Elfe, Du hast durch die Dinge, die Du erlebt hast, eine Menge Erfahrung gesammelt, die nicht alle Menschen in Deinem Alter haben. Du hast Dinge erlebt, die nicht jeder erlebt. Du hast gelernt, ,das die Welt nicht immer so bunt ist wie in der Reklamewelt, ,und das es Dinge im leben gibt, die man nicht mit Geld kaufen kann. Dies macht Dich reifer als manch andere, und Du stehst über manche Sachen. Aus diesen auch schlechten erfahrungen kann man aber auch eine innere Stärke gewinnen.
Lass Dir noch etwas Zeit mit dem Gedanken des Kinderwunsches, wäre mein Vorschlag.
Dann bekommst Du auch bestimmt klarere Gedanken dazu und wirst Deine Lösung finden.

Gruß Udo
Abends geht die Sonne unter, morgens geht sie wieder auf !
*die*elfe*
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Beitrag: # 16721Beitrag *die*elfe* »

Udo danke für die Sätze. Schön, dass es so tolle Menschen gibt.
sissi
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Kinderwunsch

Beitrag: # 16731Beitrag sissi »

Hallo Elfe,
ich pflege meine Tochter. Bei ihr ist CH bereits mit Anfang 20 festgestellt worden. Wir kannten die Krankheit bis dahin nicht.
Sie hat einen recht schweren Verlauf.
Ich bin als Mutter heute sehr froh, daß sie noch keine Kinder hatte, obwohl ich gerne eigene Enkel gehabt hätte.
Wenn du eine recht gute Partnerschaft hast, vielleicht denkt ihr mal über eine Adoption nach.
Ich persönlich halte vom Test im Mutterleib nicht so viel. Denn wer trennt sich dann vom Ungeborenen.
Überlege recht gut, du bist noch sehr jung.
LG Sissi
*die*elfe*
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Beitrag: # 16733Beitrag *die*elfe* »

Hallo Sissi,
wie geht es denn deiner Tochter jetzt und wie alt ist sie heute?welchen CAG Wert hat deine Tochter? Hat sonst niemand bei euch aus der Familie CH? Sorry wegen den vielen Fragen.
LG
sissi
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kinderwunsch

Beitrag: # 16748Beitrag sissi »

Hallo Elfe,
meine Tochter ist jetzt 36 Jahre und hatte einen schweren Verlauf, ist jetzt schwerstpflegebedürftig. Aber sie hat auch eine sehr hohe Anzahl von 53. Sie hat von ihrem Vater das Gen geerbt. Er wurde nur 49 Jahre alt.
In den letzten Jahren ist die Forschung sehr schnell vorangekommen. Für euch jungen Menschen kann man sicher noch auf Erfolge in der Medikamentenbereitstellung und Stammzellenforschung hoffen.
Es laufen auch sehr viele Studien. Eventuell über die dhh-ev.de kann man an solche Zentren kommen . Ich weiß von Ulm, wo eine interessante Studie läuft.
Hör dich mal um, aber vergiß nicht, daß du heute lebst. Es Chorea.
ich wünsche dir recht viele glückliche Jahre, ohne erkennbare Krankheitszeichen.
LG Sissi
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