Schluckstörungen und Luftröhrenschnitt

Chorea Huntington, eine Nervenkrankheit (auch schon mal Corea Huntington). Für Betroffene und Angehörige

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lynsun
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Schluckstörungen und Luftröhrenschnitt

Beitrag: # 24989Beitrag lynsun »

hallo mein name ist lyn und ich bin heute durch zufall auf euer forum gestoßen...
Ich bin 23 Jahre alt und bin ebenfalls ein Risikopatient (gewesen)....
Ich habe seid ich 11 Jahre alt bin den kompletten Verlauf der Huntington Krankheit miterlebt. Mein Vater ist damals daran erkrankt und meine Mutter und ich haben ihn solange wie es möglich war zuhause gepflegt! Mittlererweile lebt er nun schon 5 Jahre lang in einem Heim, muss aber dazu sagen, dass er wirklich sehr gut untergebracht ist und wir ihn in sehr gute Hände gegeben haben. seidem gehe ich ihn regelmäßig besuchen, so oft wie ich das kann (2-3 die woche).
Seid ca. 2-3 jahren befindet er sich im starkem Endstadium und hat regelmäßige Erstickungsanfälle, was auch sehr belastend ist, mit zu begleiten ....naja auf jeden fall hatten wir letztes jahr im winter 3 sehr kritische Fälle, wo er fast gestorben wäre, und ich bange schon vor dem nächstem Winter mit Infekten.

Letzten Mittwoch war es dann so, mein Vater hat wieder einen starken grippalen Infekt und ihr wisst ja was das bedeutet -hohes Fieber extreme Verschleimungen bis hin zur Lungenentzündung... von Mitt. nacht bis Freitag morgen war es so schlimm das wir die Nächte wieder an seinem Bett gebangt hatten.
Seid Samstag hat das Antibiotikum gegriffen und er erholt sich langsam
nun hat der Arzt und das Pflegepersonal uns mit dem Thema "Luftröhrenschnitt" konfrontiert und meine Mutter und ich müssen in den nächsten Wochen eine Entscheidung treffen.
Mein Vater hat vor 11jahren als er noch geistig klar war, eine Patientenverfügung anfertigen lassen wo drin steht dass er an keine lebenserhaltenden Maßnahmsmaschinen angeschlossen werden möchte!

Zudem muss ich euch aber auch sagen, dass wir in sehr engen Kontakt zum Klinikum Ulm und Herrn.Dr.Prof.Landwehrmeyer stehen und aller drei monate dort zur Kontrolle sind, wo er zusätzliche Spritzen in die Speicheldrüsen bekommt um den Speichelfluss zu verringern. (Was sich die letzten Jahre auch sehr positiv bewährt hat)

Mein Vater ist für sein Stadium noch sehr klar im Kopf und der Prof. hat vor ca.3 Wochen zu mir gesagt das es fast an ein Wunder grenzt wie viel mein Vater für sein Stadium noch wahrnimmt!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Ich erlebe in diesen letzten Nächten und auch sonst wie er gegen diese Erstickungsanfälle kämpft und wie sehr er sich noch an kleinen Dingen des Alltags erfreut!!!!
Ich weiß das uns niemand diese Entscheidung abnehmen kann ob oder ob nicht -wir diesen schritt mit dem Luftröhrenschnitt machen sollen.

Aber ich wollte euch fragen ob ihr vielleicht Erfahrungen damit habt mit Patienten im Endstadium und Luftröhrenschnitte????????????????

Das Problem dabei ist:
1.das er dafür ins Krankenhaus muss und wir nicht wissen, ob er das dort überlebt, denn als er vor drei Jahren die Magensonde bekommen hatte, ging einiges schief. Er hat dort dramatisch abgebaut, in den 3 Wochen Aufenthalt und die Pflege dort; -darüber will ich gar nicht erst anfangen!

2. er könnte nicht mehr so oft mobilsiert werden (in Rollstuhl) wie es bis heute noch der Fall ist!

3. habe ich die Befürchtung, dass er dann noch Jahre vor sich hinvegetieren wird und irgendwann nur noch apatisch ohne jede Sinneswahrnehmung im Bett liegen würde, denn seine organischen Werte sind sehr gut und stark!

4. wenn wir keine Entscheidung treffen und in absehbarer Zeit ein weiterer Infekt wieder eintritt und der Notarzt kommen muss, hat ein Arzt die Pflicht im Falle des Falles zu handeln und diesen Luftröhrenschnitt zu machen (also ohne uns davor zu fragen)

...ich will einfach nicht über Leben und Tot entscheiden müssen und vorallem auch nicht die Verantwortung tragen ihn qualvoll ersticken zu lassen!

Ich bin wirklich verzweifelt und kann die Nächte gerade kaum schlafen, denn es ist nur eine Frage derZeit, bis der nächste Infekt oder eine Lungenentzündung eintrifft!!!!

Bitte erzählt mir doch, ob ihr schon Erfahrungen mit diesem Thema gemacht habt!!! Es würde mich sehr interessiern und uns vielleicht bei dieser Entscheidung helfen richtig zu handeln!

P.S. Ich werde mich zusätzlich auch gleich morgen früh mit dem Proffesor in Ulm in Verbindung setzen, um auch seine Meinung und seine Erfahrungen mir anzuhören!!!!

Zum anderen möchte ich hier auch Jedem helfen und Fragen beantworten, was das Thema "Huntington" oder gerade "Risikopatienten" betrifft, da ich sehr viel Erfahrungen in den vielen Jahren mit der Krankheit gesammelt habe und mich selbst auch testen lassen habe, vor 4Jahren -und das ganz bestimmt kein leichter Weg/Entscheidung war!!!!

Ich würde mich sehr freuen von euren Erfahrungen oder Meinungen dazu zuhören....
...lg lynsun


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inschepup
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Beitrag: # 25020Beitrag inschepup »

Hallo lynsun! Ich versuche mal Dir zu antworten. Mein Mann ist seit ca.13 Jahren an der CH erkrankt. Er befindet sich auch im sogenannten " Spätstadium" .

Vor 2 Jahren hatte er innerhalb von 5 monaten 3 Lungenentzündungen. Jedesmal war er kurz vorm sterben. Eigentlich lag er im sterben. Er hätte an die Beatmungsgeräte angeschlossen werden müssen. Ich habe mich seinerzeit dagegen entschieden. Es sollten auch keine wiederbelebungsversuche unternommen werden.

All das hat er , frag mich warum, überstanden. Aber seit dieser Zeit sauge ich ihn regelmässig ab. Da er aufgrund der Schluckstörung den Speichel nicht runterschluckt sammelt dieser sich und wird dann irgendwann hochgewürgt oder gehustet.

Er hatte vor einigen Monaten wieder eine Lungenentzündung, diesmal habe ich ihn nicht ins Krankenhaus gegeben. Ich habe das Gefühl das es dort nur schlechter wird und über die Pflege dort brauchen wir uns nicht unterhalten

Wenn es mein Vater wäre , oder in meinem Fall bei meinem Mann ich würde mich gegen einen luftröhrenschnitt entscheiden. Verstehe mich bitte nicht falsch. Für meinen Mann würde ich alles machen , aber nicht unbedingt um jeden Preis. Solange er kämpft , kämpfe ich mit . Ich wünsche Dir für die Zukunft viel Kraft und das Dein Vater von weiteren Infekten verschont bleibt. Alles Liebe inschepup
Udo
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Beitrag: # 25027Beitrag Udo »

Hallo lynsum, ich wollte Dir schon früher antworten. Aber Inschepup hat das so gut gemacht, das könnte ich nicht besser. Was mir aber noch dazu einfällt, wenn Dein Vater immer grippale Infekte bekommt, wäre doch eine Grippeschutzimpfung ein probates Mittel. Besser als Antibiotika, wie ich meine, weil dies ja auch nicht gerade ohne Nebenwirkungen ist. Bei einer Lungenentzündung muss man es aber wohl oder übel einsetzen. Liegt Dein Vater durchgehend im Bett, oder könnte er noch in einem Stuhl oder Sessel sitzen, zumindestens eine Zeitlang? Für meine Freundin hatte ich mal einen alten Ohrensessel gekauft. Eine (etwas teure) Möglichkeit wäre auch ein Huntingtonstuhl, wo man den Oberkörper auch etwas aufrichten kann. Ich habe immer das Gefühl, das dieses ewige liegen den Körper sehr schwächt. Man könnte auch mit zwei Personen mit den Betroffenen etwas gehen, wenn möglich. Links und rechts unterm Arm, und dann mal los, salopp gesagt. Falls irgendwie möglich. Einfach probieren.

Du schreibst, Dein Vater ist noch recht klar im Kopf. Das ist normal, die Wahrnehmung des Umfeldes ist fast immer recht gut.

Man versucht, an allen Ecken und Kanten zu helfen, aber manchmal geht es auch leider einfach nicht. Da muss man oft machtlos zusehen, was immer sehr schmerzt.

Aber trotzdem, die Hoffnung nicht verlieren.

Gruß, Udo
Abends geht die Sonne unter, morgens geht sie wieder auf !
Udo
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Beitrag: # 25033Beitrag Udo »

Hier ist auch ein Bericht unter anderem über die geistige Wahrnehmung

http://www.ruhr-uni-bochum.de/mhg/LEIST ... ington.pdf
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lynsun
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Beitrag: # 25244Beitrag lynsun »

hallo udo,
entschuldige bitte das ich erst jetzt schreibe aber der letzte monat war sehr hart und anstrengend für mich. Wir waren nun in Ulm und haben ein sehr langes Gespräch mit Herrn Prof. Landwehrmeyer geführt, der uns schon seid Anfang an betreut.
Wir sind nun zu dem Entschluss gekommen keine Trachealkanüle legen zu lassen, da es ein ewiger Kreislauf von Liegen, Absaugen Behandeln und auf die nächste Lungenetzündung warten -wäre. Der Professor hatte uns von seinen 30 jährigen Erfahrungen mittgeteilt das er noch nie einen Patienten hatte mit einem Luftröhrenschnitt und auch davon abrät.
Es ist nun die Natur dieser leidigen Krankheit meist an einer Lungenentzündung zu sterben. Wir haben bereits eingegriffen, damals schon mit der Magensonde, dass hatte mein Vater auch noch voll mitbekommen und nicht abgewiesen.
Wenn es wieder ganz schlimm sein sollte, können wir auch mit ganz niedrigen Dosierungen von Morphium behandeln (um die Verkrampfung der Atemmuskulatur zu lösen) ...aber nur wenns ganz nötig ist, werden wir das auch tun! Nun hat er sich nochmals erholt!
Ich denke so schlimm wie ist, meinen Vater immer wieder bei Erstickungsanfällen leiden zu sehen und nichts dagegen tun zu können, ist es das Beste der Natur ihren Lauf zu lassen und das Leiden nicht noch zu verlängern. Das Motto der Ärzte, der Pfleger und Uns ist es "Alles tun was erleichtert aber nichts mehr was Verlängert" dafür ist er schon zu stark im Endstadium angekommen seid ca. 3 Jahren.

Er wird eigentlich noch täglich mobilisiert, in einem Rollstuhl der extra für ihn ausgerichtet ist. Bis vor 3 Jahren sind wir immer noch ein paar Schritte mit ihm gelaufen, aber das ist leider nicht mehr möglich da er nur noch zusammensackt wenn man ihn aufrichtet (auch mit hilfe).

Die letzten wochen schläft er viel im Rollstuh oder im Bett und die Wahrnehmung hat auch wieder nachgelassen... wenn ich meine 4 Stunden am Tag bei ihm bin, ist er viell. max. eine davon wach und nicht immer ganz da, sondern wie in einem Trancezustand -was mich grad sehr fertig macht. Aber ich weiß nunmal wie die Krankheit forschreitet und versuche stark zu bleiben, auch wenns manchmal kaum geht!
Dieses Wochenende habe ich beobachtet, wie er imSchlaf stark die Finger und Handgelenke kontrahiert hat (also ähnlich wie ne spastik)
...ich habe in Geriatrie gelernt das es bei Altzheimerkrankheit im Endstadium auch dazu führt und frage mich ob das meinem Paps von der Krankheit oder eher von den Medis ausgeht!
Die Medikamente sind durch Ulm aber eigentlich gut eingestellt und schon lang gleich basiert!
Vielleicht weißt du da ja was aus deinen Erfahrungen!?
Wünsch dir noch einen schönen tag oder abend je nach dem...lg
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Udo
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Beitrag: # 25247Beitrag Udo »

Hallo lynsun


Man kann einem Menschen aktiv helfen, oder man kann ihm passiv helfen.

Ich vermute mal, das Du oder Ihr mehr in Richtung passiv tendiert. Es ist trotzdem gut, wenn er täglich mobilisiert wird. Ihr solltet auch prüfen, ob die Medikamentendosis nicht zu hoch ist. Bei einem geschwächten Menschen ist die Wirkung wohl stärker. Wenn er schon lange immer die selbe Dosis bekommt, sollte ev. erwogen werden, die Dosis neu einzustellen. Also, wenn es geht, weniger. Wenn er viel schläft, baut er auch viel ab. Aber das kann man wohl leider nicht gänzlich vermeiden. Du kannst einfach ein bißchen mit ihm reden, wenn Ihr da seid, auch wenn er anscheinend nicht reagiert, merkt er es. Aber nicht soviel reden, das ist auch wieder anstrengend. Nur ein bißchen. Bei meiner Freundin wiederhole ich manchmal langsam die Sätze, damit sie auch aufgenommen werden. Und immer nur kurze und klare Sätze. „Es ist schlechtes Wetter heute“ Gaanz langsam und ganz ruhig. Oder , „Gute Nacht, träum was schönes". Wenn ich gehe. Und immer eine Pause lassen, damit Zeit zum reagieren oder Antworten da ist. CH Patienten brauchen viel Zeit. Vielleicht auch mal was in die Hand geben, ein kleinen Schaumstoffball, damit die Hände was zu tun haben und sich lockern.

Ich denke, es würde auch reichen, wenn Du nur 2 Std. am Tag da bist, soviel kann er gar nicht verarbeiten, und für Dich ist es womöglich auch besser. Sonst kriegt man irgendwann einen Koller, bzw. man sieht nur noch die CH, und es geht einem sehr schlecht dabei. Das ist es ja auch nicht , oder? Ich glaube, Du kannst Deinem Vater besser helfen, wenn es Dir gut geht. Bist Du jeden Tag 4 Std. da?

Ich sage mal, bis dann,
Grüßchen, Udo
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