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Chorea Huntington, eine Nervenkrankheit (auch schon mal Corea Huntington). Für Betroffene und Angehörige

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Boratina
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Registriert: 21.08.2007, 14:28

Re: Hallo Boratina!

Beitrag: # 15094Beitrag Boratina »

Nun, ich will es versuchen nicht zu lang zu machen...

es ist jetzt fast 17 Jahre (1990) her, das meine Mutter so richtig mit dem trinken begann, und somit auch mein Leben einen nicht os normalen Lauf nahm. Ich habe nie darüber so geredet, erst viel später aber auch nicht so sehr...

Meine Eltern waren eigentlich nicht schlecht zu mir, aber auf diese Weise mit Ihnen zu leben war schon schwer für mich als Kind.

Es ist so, das zu diesem Zeitpunkt von der Krankheit meines Vaters niemand so richtig etwas wusste. Seine Familie ist etwas eigen, da schaut nur jeder auf sich selbst, aber helfen tut einem da nicht wirklich wer, wenns mal brennt. Deswegen habe ich mich auch nicht weiter in seine Familie mit eingebracht, da ich ja in ihren Augen immer nur das verzogene Gör war und es heut noch bin, nur weil ich sage, wenn mir etwas nicht passt.

Aber ich denke in dieser Zeit haben sich schon Veränderungen bemerkbar gemacht.

Er war immer ein sehr aktiver Mensch. Er hat Musik gemacht, seine Auto selbst repariert (Oldtimer mit mir aufgebaut) kam auch mal auf die Idee zum Angeln zu fahren. Er hatte immer viel Unsinn, würde meine Mutter es bezeichnen, im Kopf. Aber dann änderte sich irgendwie alles.

Er wurde zunehmens aggressiver, war schnell auf 180, und ihm ist auch hin und wieder die Hand ausgerutscht. Entweder meiner Mutter gegenüber oder auch mir. Die Schläge bei meiner Mutter denke ich, war es auch mit unter verzweiflung der Hilflosigkeit, aber es rechtfertigt sie dennoch nicht.

Manche Tage habe ich ihn verflucht, dafür das er so streng mit mir war, aber er war auch für mich da, wenn meine Mutter sich mal wieder komplett abgeschossen hatte. Naja und so wie es nunmal ist, kommt nach jeder Zechnacht auch mal die Phase der Ausnüchterung, was für meinen Vater und mich immer der Horror war, weil sie sich so schwer übergeben hat, da kam schon Gallensaft mit raus.
Für mich waren diese Phasen immer sehr schlimm, teilweise musste sie sogar ins Krankenhaus, hat dann aber dannach nie lange durchgehalten.
Einmal kam ich aus der Schule, ich glaube ich war da so 13 Jahre alt, da stand sie wieder in der Küche und würgt...und plötzlich knallte es nur noch und sie lag am Boden, überall Blut...
Ich habe das ganze Haus zusammen geschrien, weil meine Vater arbeiten war, doch zum glück war dann doch wer im Hause da, der auch geholfen hatte. Ich hatte solch angst, das sie sterben müsse. Und das meinem Vater beizubringen ist dann auch nicht so einfach.

Aber um eins klar zu machen, so ging es halt immer hin und her und für mich stand lange vorm meinem Schulabschluss fest, das ich weg gehen werde, um meine Lehre zu machen. Bis dato ging es meinem Vater auch immer schlechter, sprich das Laufen kam so rüber, als wenn er betunken gewesen wäre.
Wir machten sogar ein Jahr lang noch zusammen Sport bevor ich wegging, damit er ein wenig seine Kondition steigert bzw. seine Motorik trainiert, das wollte er selbst so, aber nur nicht zum Arzt.
Als ich dann `97 meine Lehre begann, gings daheim natürlich rund. Er war zwar noch soweit fit, das er sich selbst versorgen konnte, aber stress muss es für ihn gewesen sein, meine Mutter so aushalten zu müssen.
`98 hat er dann mal eingesehen, das er zum Arzt muss.
Seine Neurologin hat ihn dann schlampig auf irgend ein Medikament, welches ihn ruhig stellt, gesetzt. Er schlief sehr viel sein Zustand wurde immer schlechter.

Jedesmal wenn er mich anrief rechnete ich mit dem schlimmsten, und meistens war dann auch immer irgenetwas

Meine Mutter trank sich etappenweise fröhlich weiter einen an, und damit mein ich nicht nur mal ein Bier, es waren dann schon mal 2-3 Flaschen Goldkrone oder später dann Kräuter - igitt

Naja, solange ging das dann, bis mein Vater mich dann auch immer häufiger anrief, sie sei schön wieder gestürzt, und so weiter...

Auf einer Seite war ich froh soweit weg zu sein, aber anderer Seits machte ich mir auch sehr viele Sorgen, um beide.

Dann hatte ich irgendwann 2001 war das glaube ich, so ein ganz schlechtes Gefühl. Ich rief meinen Vater an, und er sagte mir sehr unverständlich vom reden, das man sie Notoperiert hatte. Ich dachte in dem Moment, jetzt ist es aus und vorbei... Aber im nachhinein hatte sie verdammtes Glück (sie hatte nämlich vorher einen Hirnschlag gehabt, dannach ist sie gestürzt und nicht zum Arzt gegegangen und dieses Gerinsell hatte man dann Notopertiv entfernt)

Zu diesem Zeitpunkt musste ich dann für meinen Vater schon einen Pflegedienst organisiern, damit er wenigsten was zu essen bekommt, denn dazu war er gar nicht mehr in der lage.

In den letzten Jahren, kann man fast so sagen, habe ich die Elternrolle übernommen für die Zwei. Ständig Entscheidungen treffen, ständig mit Angst leben, weil ich nunmal 700 km weit weg bin, und alle Freie Zeit nutzen um auch ihre Angelegenheiten zu regeln und nach dem rechten zu schauen.

Ihr werdet euch fragen, warum ich sie nicht zu mir hole... ja da habe ich lange gekämpft, aber ich konnte es gerade mal erreichen, das sie wenigstens in die Nähe meiner Tante ziehen. (Die aber mittlerweile selbst, keine Kraft für ihre Schwester mehr aufbringen kann bzw ihren Schwager, da mein Onkel >der für mich in den letzten Jahren auch irgendwie Vaterersatz gewesen ist< 2006 zwei Tage vor Weihnachten tödlich verunglück ist. Er hat sich meinem Vater auch sehr angenommen und ihm mut gemacht, aber das war natürlich der Totale Knacks in der Familie)

Und dann noch die Geschichte von 2005, habe ich ja im Forum für "Frühzeitige Therapie oder lieber glücklich leben" schon erläutert.( es ging darum er hatte die medikamente abgesetzt kam in die Geschlossene Psychiatrie und dann wurde ich erstmal aufgeklärt, was ihm eigentlich fehlt!)

In Itzehoe war er 2005 von September bis Dezember, was auch nicht grad sich einfach gestaltete, aber notwendig war, weil meine Mutter auf Kur war. Dort war ich auch, und mir hat es überhaut nicht gefallen, wie man da mit ihm umgegangen ist, bzw. mit der Situation. Als ich bei ihm war, habe ich eineinhalb Stunden eine Schwester auf der Station gesucht. Er kam total in verzug mit seinen Medikamten, weil laut Anweisung der Ärzte aus Taufkirchen, muss das ja regelmässig sein. Sie sagte mir dann es wäre nicht so wild - ja was denn nun???
Ich wurde auch nicht darüber unterrichtet, das er sich in dem Edekaladen vor dem Heim ärger eingehandelt hatte und handgreiflich geworden ist. Und man hat ihn einfach alleine losmarschieren lassen, ohne Begleitung, wo er doch eh schon keine richtige Orientierung mehr hatte, geschweigen denn so fit war. Das war so ärgerlich, deswegen war ich sehr froh, als er Weihnachten dann endlich bei mir war.

Ich habe immer versucht, stark zu sein alles an mich nicht so ran zu lassen und natürlich nicht den Kopf in den Sand zu stecken, ich bin tausende Kilometer, wegen meinen Eltern gefahren. Habe viel durchsetzen können, und dass mach ich sehr gern...

Aber ich bin immer noch die Tochter, und will es auch bleiben! Doch zur Zeit bin ich Bevollmächtigte, was auch kein Thema wäre, wenn da nicht meine ganze Freizeit/ Urlaub immer mit drauf gehen würde. Zumal man dem Finanzamt, dann auch noch erklären muss, warum wieso wesshalb..., denn es ist nunmal auch ein Kostenfaktor.

Ich mache das alles gerne für meine Eltern, aber es geht einfach auch an meine Körperliche Reserven. Das ist nunmal nicht nur mit einmal auschlafen oder so getan. Ich merk es einfach, das es nicht mehr so geht, wie ich es gern wollte. ( Und das Ladekabel für mich hab ich auch noch nicht gefunden grins scherz am Rande) Wie soll ich das machen, einfach mal wegfahren? Soviel Urlaub, gibt mir mein Chef nun auch nicht (und die aus meiner Arbeit plus Chefin haben es immer wieder Möglich gemacht, das ich auch in akuten Problemen frei bekommen habe.)

Seelisch habt ihr mir ja schon super weitegeholfen, auch wuschel mit seinen Buchtipps, die ich sehr gerne Annehmen werde.

Ihr müsst wissen, für mich stand schon, bevor ich den Test gemacht habe, fest, das ich keine eigenen Kinder mehr will (lieber adoptieren) und letztes Jahr habe ich mich auch testen lassen.

Es war ein schock, wie für jeden anderen auch. Ich hatte in der Wartezeit darauf, alle möglichen Pilzinfektionen und sowas von Ausschlag, durch diesen Stress. Dann auch noch die Ungewissheit, was macht mein Partner...

Ich hatte schon immer klare Vorstellungen, aber kommt er damit klar?

Ich hatte Angst ihn zu verlieren...aber das hab ich ja nicht... :)

Er sagte mal, man kann auch andere Kinder erziehen, und wir sind heut noch sehr glücklich, obwohl er mich manchmal halt nicht wirklich versteht, warum ich so bin, oder ich weis es ja selbst teilweise nicht, wie schön mal beschrieben.

In den letzten Wochen habe ich mich auch noch mal verstärkt mit dem Thema CH auseinander gesetzt, weil meine Freundin mich anrief, und mir erklärte, das sie auch positiv getestet wurde sowie ihre ganzen Geschwister. Ich war geschockt, aber irgendwie auch erleichtert, jemanden zu haebn, der mich einfach versteht

... und dann habe ich euch gefunden :wink:

liebe Grüße Boratina

Ps. ich bin für jeden Tipp, Idee oder Rat sehr dankbar. Zumal ich mir bis vor kurzem noch alles selbst irgendwo her holen musste. DANKE :D


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