Schön, dass deine Tochter so sozial ist. Finde ich sehr wertvoll.
Wie es bei mir war, als meine Mutter krank geworden ist, ist schwierig kurz zu beantworten.
- vielleicht eine etwas kompliziertere Vergangenheit gehabt, als es normal gewesen wäre (Ich Opfer von Gewaltattacken, Vater zog als Konsequenz mit mir aus)
- Sonntägliche Besuche: Keine Lust- Gefühl und macnhmal Ekel
- Sonntäglicher Besuch, Mutter konnte nicht mehr mit zur Eisdiele um die Ecke laufen: Ich weine
- Ich rufe von einer Freundin aus bei ihr an, um meinen Vater etwas zu fragen: Ich schäme mich und kann sie nicht erklären (es entstand keine Neugier bei Freunden, trotz allem)
- Erkenntnis, das andere Freunde eine Mutter haben, und wie sich diese Mutter dann verhält
- Mutter zieht in ein Betreutes Wohnen, ich helfe mit, ihre alte Wohnung auszuräumen: Erkenntnis, dass die Mutter eine eigene Persönlichkeit war, ein wirklicher Mensch
-> schlechtes Gefühl
- Besuche im Betreuten Wohnen: Ich trage ihren Schal, um ihr eine Freude zu machen
[Mittlerweile weiß ich auch von dem Namen der Krankheit]
- Besuch im Betreuten Wohnen: Ich soll eben auf sie aufpassen, sie sitzt im Rollstuhl und stößt mit ihrem Oberkörper immer wieder nach vorne: Ich versuche sie, festzuhalten, doch verspüre Hilflosigkeit
- Besuch im Betreuten Wohnen: Ich begann, ihre Musik zu hören und versuchte, sie als Menschen und Mutter zu begreifen. Die Krankheit wurde ein ganz eigener Teil, meines Lebens, vetraut und einfach da
- Besuch im Betreuten Wohnen: Auf Wunsch meines Vaters halte ich mit Fotos und Filmen die Krankheit fest
- Medikamentenumstellung in der Klinik: Ich denke, wie beschissen ist das. Sie ist eingesperrt. Und das nicht nur, wegen den nicht öffbaren Fenstern (Suizidabsicherungen, war eine geschlossene, merkwürdigerweise)
- Zurück im Betreuten Wohnen: Es sind viele behinderte Menschen dort. Alle habe ich irgendwie ins Herz geschlossen, doch um meine Mutter habe ich Angst
- Umzug ins Altenheim: Völlige Antipathie gegen den neuen Ort. Denke, dies ist ein Ort zum Sterben und sie ist viel zu jung dafür
[Spätestens ab da meide ich Besuche, da es mir danach für einige Tage nicht gut geht -ich bin traurig und niedergeschlagen]
- Altenheim: Der Ort hat keinen schönen Park mehr, von nun an ist sie nur noch im Zimmer. Resonanz: So möchte ich nicht irgendwann einmal leben
- Altenheim: Mit den Jahren verschlechtert sich ihr Zustand rapide
- Ich weine in den Nächten manchmal, weine selbst, ohne, dass ich es erklären kann, ohne an sie bestimmt gedacht zu haben
- Versuche, sie alleine zu besuchen, scheitern
- Meine Schwester wendet sich an mich, meine Mutter nicht mehr besuchen zu müssen. Ich helfe ihr dabei
- Alleiniger Besuch funktionierte. Zum ersten Mal führe ich ein Gespräch mit ihr. Danach fühle ich nichts wirkliches. Denke nur, dass es zu spät ist und ich das im Betreuten Wohnen hätte machen sollen, wo sie mir noch antworten hätte können
- Besuche im Altenheim: Mein Vater ist mit dabei. Wir lächeln und beschäftigen uns mit der Umgebung, doch damit bemüht, sie unterhalten zu können
[Strategisches Planen: Nicht vor der Prüfung, damit es mir gut geht, etc.]
Und da bin ich gerade.
Es klingt alles recht fremd, das passt auch gut und trotzdem empfinde und empfand ich häufig sehr intensiv.
Ich betrauerte sie, nicht mich. Und ich finde es schade, diesen Menschen verpasst zu haben, so, wie er war.
Manchmal verzweifelte ich völlig daran, keine Mutter zu haben. Den Menschen, den man die Dinge erzählen könnte, die "für eine Freudin zu krass, für den Vater zu peinlich" gewesen wären.
Manchmal fand ich es wunderschön, mir vorzustellen, wie eine Mutter wohl sein müsste. Und wie ich mich als Mutter fühlen müsste.
Dann wieder verabscheute ich alle, die ihre Mütter hatten, wie sie miteinander umgingen und alles.
Bis jetzt kann ich keine zu nahen Interaktionen wahrhaben. Sie ekeln mich an. (Vielleicht zum Teil dadurch?)
So habe ich gegen den Rat meiner Freundin den männlichen Fahrlehrer genommen, habe weibliche Lehrer verflucht (

nicht zu wenige), nerve mich damit, wenn meine Freundin irgendetwas mit ihrer Mutter macht, insbesondere, wenn sie mit ihr über mich redet, bei ihr für mich Rat einholt, etc...
Jetzt weiß ich nicht mehr weiter. Wenn noch etwas offen ist, kann man ja gerne nachfragen
Viele liebe Grüße,
Aley
(Ich weiß nicht, ob ich mir das Recht vorbehalten möchte, diesen Text später noch zu editieren)