Die Zeit steht nicht still...
Verfasst: 27.12.2010, 13:03
Hallo ihr Lieben,
ich habe mich jetzt sehr lange nicht mehr gemeldet. War vor schätzungsweise 2-3 Jahren das letzte Mal wirklich aktiv. Ich bin jetzt 21, lebe zusammen mit meinem Freund in Nürnberg und studiere. Im Großen und Ganzen geht es mir also ziemlich gut. In den letzten Wochen und Monaten beschäftigt mich die Krankheit Chorea Huntington jedoch wieder verstärkt. Das hat zwei Gründe: zum einen merke ich selber dass die Zeit immer schneller vergeht, je älter man wird und angesichts der Tatsache dass ich nun (schon) knapp über 20 bin, wächst die Angst in mir vielleicht nur noch 15-20 gesunde Jahre verbingen zu können. Der zweite Grund ist meine Mutter. Ich kann nicht genau sagen, wann sie erkrankt ist aber schätzungsweise liegen die ersten Symptome bereits 8-9 Jahre zurück (sie ist jetzt 46). Das Problem bzgl meiner Mutter ist, dass sie alles absolut versucht zu verdrängen und einfach nicht einsehen will, dass sie krank ist, obwohl sie den Leidensweg bereits bei ihrer eigenen Mutter beobachten konnte. Sie ist bis heute bei keinem Arzt gewesen, demnach ist auch die Diagnose nie gestellt worden. Dass sie CH hat, ist allerdings offensichtlich (für mich, so wie auch für eine meine Tante, die mich derzeit unterstützt). Ich muss dazu sagen, dass meine Mutter 2 Schwestern hat.. die eine ist auch vor ca. 3 Jahren erkrankt und steht bereits unter gesetzlicher Betreuung und die andere, von der ich gerade gesprochen hat, hat glücklicherweise ein negatives Testergebnis erhalten.
Ich habe schon sehr häufig versucht mit meiner Mutter zu reden und ihr klarzumachen, dass sie endlich was tun muss, aber das ist immer eskaliert. Sie beschimpft mich dann aufs Äußerste, immer mit dem Hinweis es gehe ihr gut.... Da ich jetzt seit 2,5 Jahren nicht mehr zuhause lebe und meine Mutter auch nicht alle paar Tage besuchen gehen kann, wächst in mir die Angst es könne ihr was zustoßen, ohne dass ich davon Wind bekomme... und so war's nun auch. Ich habe vor einer Woche durch Zufall von einer Nachbarin meiner Mutter erfahren, dass diese kurze Zeit vorher von ihrem Heimtrainer (ja, da setzt sie sich tatsächlich noch drauf.. obwohl sie eh schon ziemlich abgemagert ist) gestürzt ist, sich mit ihrer Hose in den Pedalen festgehängt hat und nicht mehr davon los gekommen ist. Als sie daraufhin um Hilfe gerufen hat, hat eine der Nachbarn die Polizei informiert, die ihr sodann geholfen haben. Denen ist der schlechte und verwirrte Zustand meiner Mutter natürlich aufgefallen, woraufhin die dann den sozialpsychiatrichen Dienst des Gesundheitsamtes informiert hav´ben. Von dem hat sie wohl dann auch ein Schreiben mit Bitte um ein Gespräch erhalten, was sie - wie nicht anders zu erwarten war - nicht wahrgenommen hat. Es war sogar schon ein Beamter zusammen mit einem Arzt bei ihr vor der Tür gestanden, aber sie öffnete nicht. Dazu kommt dann noch, dass auch die Vermieter meiner Mutter mit mir Kontakt aufgenommen haben (war auch ein glücklicher Zufall, da sie gerade dort angerufen haben, als ich sie besucht habe und ich somit ans Telefon gehen konnte...) und mich darauf hinwiesen, dass sie von dem schlechten Zustand der Wohnung wüssten (meine Mutter kommt mittlerweile eben nicht mehr wirklich alleine mit dem Haushalt klar) und es außerdem laufend Beschwerden von den Nachbarn gebe, weil sie den Fernseher immer extrem laut laufen liese.. was ich auch bestätigen kann. Kurzum haben mittlerweile sogar sie mitbekommen, dass der Zustand so nicht mehr haltbar ist und meine Mutter dort nicht mehr alleine bleiben kann....
Ich hab dann natürlich erneut versucht mir ihr zu reden, allerdings bekam ich da auch lediglich Sätze wie "Ich bin nicht krank, ich habe kein CH... ich hasse dich... ich will dich nicht mehr wiedersehen.. " etc. zu hören.
Nach Telefonaten mit dem zuständigen Polizeibeamten (den ich zufälligerweise auch noch persönlich aus meiner Schulzeit kannte
), einem Besuch beim Allgemeinen Sozialdienst, Gesprächen mit dem Sozialpsychiatrichen Dienst und einem von mir verfassten Brief ans Vormundschaftsgericht (und das alles innerhalb von wenigen Tagen), sieht das Ganze nun so aus:
Ich hatte zunächst, nachdem ich noch nicht wusste, wie rasch das Gericht auf mein Schreiben reagieren würde, mit der zuständigen Person beim Sozialpsych. Dienst gesprochen, und mit dem einen Termin für Mitte Januar vereinbart, an dem er, eine Ärztin und ich gemeinsam zu meiner Mutter fahren wollten, damit sie sich mal ein Bild machen könnten. Nun hat sich heute morgen allerdings prompt das Gericht bei mir gemeldet und gemeint sie würden sich direkt um einen Amtsarzt/Gutachter kümmern, der dann ebenfalls mit mir gemeinsam dahin könnte. Ich werde nun den Termin mit dem Sozialpsych. Dienst absagen, um meiner Mutter den Stress nicht zwei Mal zuzumuten. Soweit ich weiß, fällt jegliche Entscheidungen bzgl. Betreuung/Unterkunft meiner Mutter ja dann eh nur gemeinsam mit dem Vormundschaftsgericht. Insofern ist es vermutlich klüger direkt einen Amtsarzt von denen kommen zu lassen.
Ich muss sagen, dass ich riesige Angst vor diesem Termin habe... ich werde ja mitgehen, um sicherzugehen, dass meine Mutter auch die Tür öffnet bzw. hätte ich zur Not auch einen Zweitschlüssel. Ich bin mir sicher, dass sie austicken wird, sobald sie einigermaßen nachvollziehen kann, was passiert, v.a. weil ich ihr bei unserem Gespräch neulich versucht habe klarzumachen, dass jetzt was geschehen wird, und sie entweder mit mir und meiner Tante "zusammen arbeiten" kann oder andere Leute vielleicht das Ruder in die Hand nehmen. Aber ich weiß nicht inwiefern sie das alles noch nachvollziehen kann...
Außerdem fühle ich mich ihr gegenüber so schlecht, weil ich ihr nichts davon erzählen kann, da sie austicken würde, wenn sie wüsste, was ich in die Wege geleitet habe. Allerdings weiß ich, dass mir nichts anderes übrig bleibt... ihr Zustand wird zusehends schlechter.. ich mache mir nur Sorgen, aber ihr klarzumachen, dass man aus Liebe handelt und ihr nichts Böses will, ist sehr schwer. Auf der anderen Seite kann ich auch verstehen, dass sie höllische Angst haben muss, von dem was noch kommt.
Momentan ist das Berhältnis zu ihr übrigens wieder besser... Meine Tante hat nachdem Streit, den ich mit meiner Mutter hatte, nochmal mit ihr telefoniert und ihr erklärt, dass niemand ihr was Schlechtes will... Irgendwie scheint sie auf sie eher zu hören... Sie hat sich dann Heilig Abend (an dem sie zunächst gar nicht kommen wollte) sogar bei mir entschuldigt.. das Thema wurden den Abend über nicht mehr angesprochen und so war es verhältnismäßig recht harmonisch... Ich war auch sehr froh, dass sie da war (auch wenn ich nach ihrer Anwesenheit immer extrem deprimiert bin), da man ja nicht weiß ob wir ein Weihnachten in der Runde und in der Form nochmal erleben dürfen...
Ich hoffe, das war jetzt alles nicht zu wirr von mir formuliert.. Es ist schwer solche Gedanken in einigen Zeilen festzuhalten.. Es wäre schön, wenn ihr vielleicht dazu Stellung nehmen könntet.. ihr könnt mich auch gerne kritisieren, wenn ihr der Meinund seid ich mache gerade irgendwas falsch... Ich weiß zwar schon seit Jahren, dass igrendwann der Zeitpunkt kommen wird, an dem was mit meiner Mutter geschehen wird und dass ich als nächste Angehörige dafür zuständig sein werde.. aber wenn es dann soweit ist, fühlt man sich trotzdem erstmal ziemlich vor den Kopf gestoßen
Liebe Grüße an euch alle und eine hoffentlich halbwegs ruhige letzte Jahreswoche!
Isi
ich habe mich jetzt sehr lange nicht mehr gemeldet. War vor schätzungsweise 2-3 Jahren das letzte Mal wirklich aktiv. Ich bin jetzt 21, lebe zusammen mit meinem Freund in Nürnberg und studiere. Im Großen und Ganzen geht es mir also ziemlich gut. In den letzten Wochen und Monaten beschäftigt mich die Krankheit Chorea Huntington jedoch wieder verstärkt. Das hat zwei Gründe: zum einen merke ich selber dass die Zeit immer schneller vergeht, je älter man wird und angesichts der Tatsache dass ich nun (schon) knapp über 20 bin, wächst die Angst in mir vielleicht nur noch 15-20 gesunde Jahre verbingen zu können. Der zweite Grund ist meine Mutter. Ich kann nicht genau sagen, wann sie erkrankt ist aber schätzungsweise liegen die ersten Symptome bereits 8-9 Jahre zurück (sie ist jetzt 46). Das Problem bzgl meiner Mutter ist, dass sie alles absolut versucht zu verdrängen und einfach nicht einsehen will, dass sie krank ist, obwohl sie den Leidensweg bereits bei ihrer eigenen Mutter beobachten konnte. Sie ist bis heute bei keinem Arzt gewesen, demnach ist auch die Diagnose nie gestellt worden. Dass sie CH hat, ist allerdings offensichtlich (für mich, so wie auch für eine meine Tante, die mich derzeit unterstützt). Ich muss dazu sagen, dass meine Mutter 2 Schwestern hat.. die eine ist auch vor ca. 3 Jahren erkrankt und steht bereits unter gesetzlicher Betreuung und die andere, von der ich gerade gesprochen hat, hat glücklicherweise ein negatives Testergebnis erhalten.
Ich habe schon sehr häufig versucht mit meiner Mutter zu reden und ihr klarzumachen, dass sie endlich was tun muss, aber das ist immer eskaliert. Sie beschimpft mich dann aufs Äußerste, immer mit dem Hinweis es gehe ihr gut.... Da ich jetzt seit 2,5 Jahren nicht mehr zuhause lebe und meine Mutter auch nicht alle paar Tage besuchen gehen kann, wächst in mir die Angst es könne ihr was zustoßen, ohne dass ich davon Wind bekomme... und so war's nun auch. Ich habe vor einer Woche durch Zufall von einer Nachbarin meiner Mutter erfahren, dass diese kurze Zeit vorher von ihrem Heimtrainer (ja, da setzt sie sich tatsächlich noch drauf.. obwohl sie eh schon ziemlich abgemagert ist) gestürzt ist, sich mit ihrer Hose in den Pedalen festgehängt hat und nicht mehr davon los gekommen ist. Als sie daraufhin um Hilfe gerufen hat, hat eine der Nachbarn die Polizei informiert, die ihr sodann geholfen haben. Denen ist der schlechte und verwirrte Zustand meiner Mutter natürlich aufgefallen, woraufhin die dann den sozialpsychiatrichen Dienst des Gesundheitsamtes informiert hav´ben. Von dem hat sie wohl dann auch ein Schreiben mit Bitte um ein Gespräch erhalten, was sie - wie nicht anders zu erwarten war - nicht wahrgenommen hat. Es war sogar schon ein Beamter zusammen mit einem Arzt bei ihr vor der Tür gestanden, aber sie öffnete nicht. Dazu kommt dann noch, dass auch die Vermieter meiner Mutter mit mir Kontakt aufgenommen haben (war auch ein glücklicher Zufall, da sie gerade dort angerufen haben, als ich sie besucht habe und ich somit ans Telefon gehen konnte...) und mich darauf hinwiesen, dass sie von dem schlechten Zustand der Wohnung wüssten (meine Mutter kommt mittlerweile eben nicht mehr wirklich alleine mit dem Haushalt klar) und es außerdem laufend Beschwerden von den Nachbarn gebe, weil sie den Fernseher immer extrem laut laufen liese.. was ich auch bestätigen kann. Kurzum haben mittlerweile sogar sie mitbekommen, dass der Zustand so nicht mehr haltbar ist und meine Mutter dort nicht mehr alleine bleiben kann....
Ich hab dann natürlich erneut versucht mir ihr zu reden, allerdings bekam ich da auch lediglich Sätze wie "Ich bin nicht krank, ich habe kein CH... ich hasse dich... ich will dich nicht mehr wiedersehen.. " etc. zu hören.
Nach Telefonaten mit dem zuständigen Polizeibeamten (den ich zufälligerweise auch noch persönlich aus meiner Schulzeit kannte

Ich hatte zunächst, nachdem ich noch nicht wusste, wie rasch das Gericht auf mein Schreiben reagieren würde, mit der zuständigen Person beim Sozialpsych. Dienst gesprochen, und mit dem einen Termin für Mitte Januar vereinbart, an dem er, eine Ärztin und ich gemeinsam zu meiner Mutter fahren wollten, damit sie sich mal ein Bild machen könnten. Nun hat sich heute morgen allerdings prompt das Gericht bei mir gemeldet und gemeint sie würden sich direkt um einen Amtsarzt/Gutachter kümmern, der dann ebenfalls mit mir gemeinsam dahin könnte. Ich werde nun den Termin mit dem Sozialpsych. Dienst absagen, um meiner Mutter den Stress nicht zwei Mal zuzumuten. Soweit ich weiß, fällt jegliche Entscheidungen bzgl. Betreuung/Unterkunft meiner Mutter ja dann eh nur gemeinsam mit dem Vormundschaftsgericht. Insofern ist es vermutlich klüger direkt einen Amtsarzt von denen kommen zu lassen.
Ich muss sagen, dass ich riesige Angst vor diesem Termin habe... ich werde ja mitgehen, um sicherzugehen, dass meine Mutter auch die Tür öffnet bzw. hätte ich zur Not auch einen Zweitschlüssel. Ich bin mir sicher, dass sie austicken wird, sobald sie einigermaßen nachvollziehen kann, was passiert, v.a. weil ich ihr bei unserem Gespräch neulich versucht habe klarzumachen, dass jetzt was geschehen wird, und sie entweder mit mir und meiner Tante "zusammen arbeiten" kann oder andere Leute vielleicht das Ruder in die Hand nehmen. Aber ich weiß nicht inwiefern sie das alles noch nachvollziehen kann...
Außerdem fühle ich mich ihr gegenüber so schlecht, weil ich ihr nichts davon erzählen kann, da sie austicken würde, wenn sie wüsste, was ich in die Wege geleitet habe. Allerdings weiß ich, dass mir nichts anderes übrig bleibt... ihr Zustand wird zusehends schlechter.. ich mache mir nur Sorgen, aber ihr klarzumachen, dass man aus Liebe handelt und ihr nichts Böses will, ist sehr schwer. Auf der anderen Seite kann ich auch verstehen, dass sie höllische Angst haben muss, von dem was noch kommt.
Momentan ist das Berhältnis zu ihr übrigens wieder besser... Meine Tante hat nachdem Streit, den ich mit meiner Mutter hatte, nochmal mit ihr telefoniert und ihr erklärt, dass niemand ihr was Schlechtes will... Irgendwie scheint sie auf sie eher zu hören... Sie hat sich dann Heilig Abend (an dem sie zunächst gar nicht kommen wollte) sogar bei mir entschuldigt.. das Thema wurden den Abend über nicht mehr angesprochen und so war es verhältnismäßig recht harmonisch... Ich war auch sehr froh, dass sie da war (auch wenn ich nach ihrer Anwesenheit immer extrem deprimiert bin), da man ja nicht weiß ob wir ein Weihnachten in der Runde und in der Form nochmal erleben dürfen...
Ich hoffe, das war jetzt alles nicht zu wirr von mir formuliert.. Es ist schwer solche Gedanken in einigen Zeilen festzuhalten.. Es wäre schön, wenn ihr vielleicht dazu Stellung nehmen könntet.. ihr könnt mich auch gerne kritisieren, wenn ihr der Meinund seid ich mache gerade irgendwas falsch... Ich weiß zwar schon seit Jahren, dass igrendwann der Zeitpunkt kommen wird, an dem was mit meiner Mutter geschehen wird und dass ich als nächste Angehörige dafür zuständig sein werde.. aber wenn es dann soweit ist, fühlt man sich trotzdem erstmal ziemlich vor den Kopf gestoßen

Liebe Grüße an euch alle und eine hoffentlich halbwegs ruhige letzte Jahreswoche!
Isi