Ich bin neu hier! Erste Anzeichen?

Chorea Huntington, eine Nervenkrankheit (auch schon mal Corea Huntington). Für Betroffene und Angehörige

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Mary2010
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Ich bin neu hier! Erste Anzeichen?

Beitrag: # 23568Beitrag Mary2010 »

Hallo zusammen,

ich habe mich gerade durch ein paar Themenbeiträge gelesen und jetzt sitze ich hier vor meinem PC und kann nicht auf hören zu weinen. Eigentlich will ich mich mit dieser Krankheit überhaupt nicht beschäftigen. Leider muss ich es.
Der Vater meines Mannes ist an Chorea Huntington gestorben. Seine Schwester ist bereits erkrankt (nach meinem Laienverständnis schon sehr weit vorgeschritten), sein Bruder wurde negativ gestestet. Mein Mann hat bisher keinen Gentest gemacht. Wahrscheinlich geht es mir wie allen Angehörigen: man beobachtet. Wieso bewegt er seine Füße? Warum hat er die Vase fallen lassen? Wieso ist er gegen den Türrahmen gelaufen? usw.
Mein Mann und ich haben immer gesagt, dass wir den Gentest durchführen lassen wollen bevor wir mit der Kinderplanung anfangen - denn weitervererben wollen wir diese schreckliche Erkrankung auf keinen Fall. Jetzt wäre es eigentlich soweit... Wir sind beide um die 30Jahre. Verschieben es aber imer wieder aufs Neue weil wir beide schreckliche Angst haben. Er hat mit bekommen wie sein Vater gestorben ist (da war mein Mann 18 ) und er bekommt jetzt mit wie seine Schwester immer kranker wird. (Sie ist Mitte 40) Wir können auch nicht so gut darüber reden weil wir beide versuchen es zu verdrängen aber in letzter Zeit habe ich immer öfter das Gefühl innerlich zu platzen. Andererseits will ich mit niemandem aus unserem Freundeskreis darüber sprechen weil... Ja warum eigentlich? Vielleicht weil ich der Krankheit dann wirklich einen Platz in unserem Leben gebe? Ich habe auch Monate gebraucht mich zu überwinden hier zu schreiben.
Ich habe einfach Angst davor was kommt, wie es mein Mann wegsteckt, wie ich es verkrafte, wie schlimm es werden könnte...
Wir stellen uns auch immer wieder die Frage: Welchen Sinn hat der Gentest wenn es doch keine wirkliche Hilfe gibt? Viell lieber auf Kinder verzichten und einfach hoffen, dass wir noch lange glücklich und gesund bleiben? Diese Entscheidung kann uns wohl niemand abnehmen. z
Ich hab letztens im TV einen Satz gehört: "Akzeptiere was du nicht ändern kannst."
So, erst mal danke dafür, dass es das Forum gibt und ich mich einfach mal ausweinen konnte.

LG Mary
Zuletzt geändert von Mary2010 am 08.02.2010, 18:41, insgesamt 2-mal geändert.


Udo
Moderator
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Beitrag: # 23572Beitrag Udo »

Hallo Heike1511

Ohmann, das ist schlimm, was Du schreibst.

Es ist immer wieder so, das die Chorea ganz Urgewaltig in das Leben einbricht. Alle Planungen stehen auf einmal in der Luft, und man weiss überhaupt nicht, was nun auf einen zukommt.

Wenn Du hier im Forum so liest, dann wird es meistens noch schlimmer, man sieht , wie Du schon sagtest, bei jeder falschen Bewegung ein Hinweis auf die Chorea. Die mögliche Diagnose Chorea lähmt einen fast total.

So geht es Dir, so ging es mir, und so geht es wahrscheinlich ziemlich jedem, der damit konfrontiert wird. Ich persönlich habe nach Monaten der Lähmung und schon fast traumatisierung die Flucht nach vorne angetreten.

Meine Freundin hat die Ch und ich dachte, jetzt kannst Du entweder mit Ihr Schluß machen, oder Dich in die Depression stürzen oder aus dem Fenster, oder Du sagst Dir, ok, nun mache ich das, was mir möglich ist. Das geruhsam geplante Leben ist vorbei, nun wird eben alles anders. Ich habe alles über den Haufen geworfen, bin weggezogen zu meiner Freundin, bzw. hinterhergezogen. Naja, irgendwie ist das immer noch alles etwas irreal,wie es nun ist, aber ich sehe, das ich meiner Freundin Kraft gebe. Ihr geht es eigentlich meistens recht gut, trotz der Krankheit. Das ist nun eben so, wie es jetzt ist.

Liebe Heike1511, bei Euch ist die Situation natürlich noch anders, aber ich glaube, das es erst mal wichtig ist, nicht in Angst zu verharren, sondern die Dinge möglichst aktiv angehen. Übrigens wisst ihr ja noch nicht mal, ob die Ch überhaupt bei deinem Mann ausbrechen wird. Also noch ist gar nichts passiert. Ich weiss, es ist kein leichter Weg, aber wenn man ihn geht, wird es zu einer Lösung kommen, das kann ich Dir versprechen.

Schau Dich weiter hier im Forum um, frage weiter, und siehe Dir auch die Links an, die einige wichtige Informationen und weitere Hilfe bieten.
Auch dein Mann sollte versuchen, sich den Dingen zu stellen, Du wirst sehen, wenn ihr die Probleme zusammen angeht, wird es für euch auch leichter werden.

Einen schönen Gruß erst einmal,
Udo :wink:
Abends geht die Sonne unter, morgens geht sie wieder auf !
Flumi1984
Beiträge: 38
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Beitrag: # 23575Beitrag Flumi1984 »

Hallo Heike!
Ich kenne mehrere Menschen in meinem Leben die mit der KH CH zu tun haben oder Eine die vielleicht selbst betroffen ist. Kaum einer redet mit den Freunden darüber, wieso weiß ich nicht.
Meine Mutter hatte CH und das auch schon als ich noch recht jung war. Ich hatte einen recht großen Bekanntenkreis, der mitbekommen hat, das meine Mum "anders" war. Ich hab immer offen darüber geredet und muss sagen, das die Menschen die wirkliche Freunde waren und heute noch sind, immer da waren und Verständnis für mich und das Verhalten meiner Mum hatten. Sicherlich gibt es auch andere und zwar die die z.B. den Freund meiner Mutter fragten, was er mit so jemanden möchte. Wo ich mich wieder frage, braucht man solche Leute die nicht hinter einem stehen?!
Ich kenne das Gefühl mit einem reden zu wollen, weil es einen innerlich fast auffrisst. Meine Mum ist gestorben und ich bin nicht betroffen, also könnte ich sagen, ich hab damit nichts mehr zu tun, aber genau das Gegenteil ist der Fall.
Ich hab immer noch so viele Dinge in mir die ich zu erzählen hätte, was ich erlebt habe, aber da schweige ich lieber. meist liegt es daran, weil ich niemanden damit nerven möchte oder so, auch wenn man mir immer sagt, wir sind für dich da.
Hmm, zu der Situation mit deinem Mann. Ich denke es ist eine schwierige Situation, wo jeder selbst entscheiden muss, was Richtig oder Falsch ist, wenn es das überhaupt gibt.
Mir war wichtig in meinem Leben zu wissen, wie ich planen kann, egal ob Positiv oder Negativ.
Es gab auch bei mir eine zeit, wo ich sagte, ich werde mein Leben frühzeitig beenden, wenn ich Betroffen bin. Mittlerweile wüsste ich es nicht mehr, denn mann kann auch als Erkrankter noch was tun. Ich weiß es nicht, schwer zu beurteilen, denn ich weiß ja das ich das große Glück habe gesund zu sein.
Wo kommt ihr denn her?
Das war es werstmal von mir...
Greetz Katrin
Mary2010
Beiträge: 10
Registriert: 03.01.2010, 08:57
Wohnort: Wesel

Beitrag: # 23582Beitrag Mary2010 »

Guten Morgen,

erst mal Danke für die Antworten.

Eigentlich weiss ich schon seit ca 7 Jahren, dass es meinen Mann auch betreffen könnte. Ich habe ihn auch mit diesem Wissen geheiratet. Natürlich habe ich mich zu Anfang unserer Beziehung gefragt: willst du dieses Risiko eingehen. Dann habe ich mich gefragt: willst du ohne ihn leben.
Da habe ich mich ganz klar für ihn entschieden. In guten wie in schlechten Zeiten wie man so schön sagt. In diesem Punkt denke ich immer man weiß ja nie was auf einen zukommt. Es gibt auch andere schreckliche Krankheiten.
Ich weiss auch nicht so genau, warum mich CH im Moment so sehr beschäftig dass ich Nachts kaum noch schlafen kann. Mein erster Gedanke wenn ich wach werde gehört der Krankheit.

Nur mal eben so: Mein Mann weiss nicht, dass ich hier schreibe. Sollte er plötzlich in den Raum kommen, speicher ich eben und schreibe später noch weiter!

Ich traue mich ehrlich gesagt nicht richtig mit ihm darüber zu sprechen. Irgendwie denke ich so lange er nicht viel darüber nachdenkt soll er es auch einfach lassen. Er wird sich ggf. noch früh genug damit auseinander setzen müssen. Ich habe Angst vor dem Zeitpunkt an dem er in Panik verfällt weil es für ihn ja noch viel viel schlimmer sein muss als für mich. Ich merke, dass er im Moment mit dem verdrängen noch gut klar kommt - so gut kenne ich ihn. Wenn ihn was belastet wird er innerlich ganz unruhig und nervös. Das ist im Moment noch gar nicht so.
Ehr bei mir: ich merke wie es mich manchmal aggressiv macht wenn er "falsche Bewegungen" macht, was fallen lässt, hektisch wird...

Durch dieses Forum habe ich zumindest schon mal raus bekommen, dass wir hier am Niederrhein ganz gute Behandlungsmöglichkeiten haben. Wir waren vor ca 2 Jahren auch schon mal zu einem 1. Beratungsgespräch in Bochum. Dort wurde auch meine Schwägerin behandelt. Ich persönlich habe mich dort allerdings nicht sehr wohl gefühlt. Danach ist meine Schwägerin über eine AHB ihres Mannes auch an Dr. Lange geraten und hat dort eine amb. Reha gemacht - die hat ihr auch sehr gut getan. Wir hatten uns dann auch vorgenommen mit ihm mal über die Behandlungsmöglichkeiten zu sprechen. Ist aber mal wieder im Sand verlaufen.
Zumindest haben wir im letzten Jahr schon mal eine Pflegeversicherung abgeschlossen. Testament haben wir auch. Fehlt nur noch die Versorgungsvollmacht und die Patientenverfügung oder?

Ich spreche mit unseren Freunden nicht über die Krankheit weil ich sie einfach nicht in unserem Leben haben möchte. Ich habe Angst davor, dass mir jemand komplett aussenstehendes sagt: ja, mir ist die Veränderung auch aufgefallen.
Sicherlich gäb es Bekannte die sich zurückziehen würden - aber wie Katrin schon gesagt hat: auf die kann ich gut verzichten.

So, dass war erst mal für heute.
Ich muss sagen es tut einfach gut mal alles von der Seele zu schreiben. Danke.

LG Mary
Zuletzt geändert von Mary2010 am 08.02.2010, 18:42, insgesamt 1-mal geändert.
wergi
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Beitrag: # 23586Beitrag wergi »

Hallo Heike,

auch von mir ein herzliches willkommen.

Ich bin ja auch nur "Angehöriger", aber kann dich sehr gut verstehen.
Bei uns war es etwas anderes, wir waren schon verheiratet als ich erfuhr das Manu CH hat, so wurde ich vor vollendeten Tatsachen gestellt.

Wichtig ist aber auch, das Ihr Euch für alle Fälle sehr sehr gut absichert, das heißt, z.B eine Berufsunfähigkeitsversicherung usw.

lg
Rainer
Kalle
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Hallo Heike1511

Beitrag: # 23637Beitrag Kalle »

Hallo zusammen,

ich möchte jetzt eigentlich sehr viel schreiben für Heike1511 und Ihren Mann. Das hat aber nicht soviel Sinn. Ich kann Dir anbieten mit mir zu Telefonieren, das auch viele in Anspruch nehmen, nicht verdrängen, sondern darüber reden ist nicht verkehrt.
0172/4496391

Kalle :P
Dr.Lange
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Gesprächsangebot

Beitrag: # 23749Beitrag Dr.Lange »

Hallo Heike!
Ich nehme an, Ihr Mann merkt, wie sehr Sie das Problem HK belastet, daher traut er sich möglicherweise nicht, das Thema anzusprechen. Wenn Sie ihm vielleicht offen sagen, dass Sie gerne mit ihm darüber sprechen würeden.
Andererseits ist es oft so, dass die Partner ein größeres Gesprächsbedürfnis haben als die Risikopersonen, dann soll man sich jemanden aus der Selbsthilfegruppe suchen und/oder auch das Gespräch mit Psychotherapeuten oder Huntington-Spezialisten. Ich habe mit vielen Partner solche Gespräche geführt und stehe auch Ihnen zur Verfügung.
Sprechen - mit den richtigen Leuten - hilft!
Dr.Lange
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